A K T U E L L E S
Z A H N A E R Z T E K A M M E R . A T
ÖZZ Ausgabe 4/2025
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W I S S E N S C H A F T L I C H E F O R T B I L D U N G
Z u m H e r a u s n e h m e n u n d S a mm e l n
desinfiziert. Die lückenlose Dokumentation dieser Prozesse sind
gesetzlich vorgeschrieben und bilden die Grundlage für Audits
und Qualitätskontrollen.
Die Impfung gegen Hepatitis B ist für alle Mitarbeitenden ob-
ligatorisch. Eine Impfung gegen HCV oder HIV existiert nicht,
wodurch die strikte Einhaltung von Hygienevorschriften ent-
scheidend ist. Zusätzliche Impfungen, etwa gegen Influenza
oder SARS-CoV-2, werden ebenfalls dringend empfohlen, um
das Risiko respiratorischer Infektionen zu reduzieren.
Bei Nadelstichverletzungen muss das betroffene Personal un-
verzüglich die Wunde reinigen, den Vorfall melden und eine
Postexpositionsprophylaxe einleiten, wenn dies angezeigt ist.
Statistisch liegt das Risiko einer Übertragung durch einen Nadel-
stich bei HIV bei etwa 0,3 %, bei HCV bei 1–3 % und bei HBV bis
zu 30 % bei ungeimpften Personen. Diese Zahlen verdeutlichen
die Notwendigkeit einer sofortigen und konsequenten Reaktion
auf Expositionen.
Zusätzlich ist das Raum- undAerosolmanagement ein zentraler
Bestandteil der Infektionsprävention. Der Einsatz von Hoch-
leistungssaugern, Kofferdam, HEPA-Filtern und optimierte
Lüftungszyklen mit sechs bis zwölf Luftwechseln pro Stunde
können die Aerosolexposition erheblich reduzieren. Bei pan-
demischen Situationen, wie sie während der COVID-19-Krise
auftraten, haben sich Maßnahmen wie zeitlich gestaffelte Pa-
tiententermine, Telekonsultationen und verstärkte Raumdes-
infektion bewährt.
Händehygiene ist ein weiterer Schlüssel zur Prävention. Die
von der WHO empfohlene Sechs-Schritte-Methode umfasst
Fingerspitzen, Daumen, Handflächen, Zwischenräume, Nägel
und Handgelenke und sollte vor und nach jedem Patientenkon-
takt durchgeführt werden. Verschiedene Desinfektionsmittel
zeigen unterschiedliche Wirksamkeit, weshalb die Auswahl der
Mittel an die spezifischen Anforderungen der Praxis angepasst
werden sollte.
Rechtliche Aspekte
Die rechtliche Dimension des Umgangs mit Infektionspatient:in-
nen in der Zahnmedizin ist komplex und essenziell, um sowohl
Patient:innen als auch Praxispersonal zu schützen. In Österreich
unterliegen bestimmte Infektionskrankheiten wie Hepatitis B,
Hepatitis C, HIV und Tuberkulose der Meldepflicht gemäß Epi-
demiegesetz.
Die umfassende Dokumentation der Hygienemaßnahmen ist
gesetzlich vorgeschrieben. Das Führen eines Hygienebuchs, die
Protokollierung der Sterilisationsvorgänge, regelmäßige War-
tung sowie die Durchführung interner und externer Audits sind
zentrale Bestandteile eines rechtlich sicheren Praxisbetriebs.
Zusätzlich schützt das Arbeitsrecht das Personal, indem es die
Einhaltung der Impfpflicht für Hepatitis B und die regelmäßige
Unterweisung in Hygienevorschriften sicherstellt. Es ist daher
unerlässlich, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Praxisab-
läufe kontinuierlich überprüfen, rechtlich relevante Änderungen
verfolgen und Mitarbeitende umfassend schulen.
Die rechtlichen Vorgaben betreffen nicht nur den Umgang mit
bekannten Infektionen, sondern auch denUmgangmit Patient:in-
nen, deren Infektionsstatus unbekannt ist. Hier gilt der Grundsatz
der Universalhygiene: Jede Patientin und jeder Patient wird als
potenziell infektiös betrachtet, und alle Maßnahmen sind ent-
sprechend umzusetzen, um rechtliche und ethische Standards
einzuhalten.
Psychosoziale Aspekte
Der Umgang mit Patient:innen, die an chronischen oder akuten
Infektionskrankheiten leiden, erfordert ein hohesMaß an Sensibi-
lität und professioneller Kommunikation. Viele Patient:innenmit
Infektionen wie HIV, Hepatitis oder multiplen bakteriellen Erre-
gern erlebenAngst, Schamoder Sorge bezüglich Diskriminierung
undmöglicher Stigmatisierung. Dies kann zu geringer Complian-
ce, Verzögerungen bei der Behandlung oder zur Zurückhaltung
bei der Angabe relevanter medizinischer Informationen führen.
Für das Praxispersonal ist es daher entscheidend, empathisch
zu kommunizieren, eine offene und respektvolle Atmosphäre zu
schaffen und klare, sachliche Informationen zu vermitteln. Regel-
mäßige Schulungen des Teams, Rollenspiele und Simulationen
vonNotfallsituationen helfen, Unsicherheiten abzubauen und ge-
währleisten ein einheitliches, professionelles Vorgehen. Darüber
hinaus unterstützt eine transparente Kommunikation zwischen
den Mitarbeitenden, dass Hygienestandards konsequent um-
gesetzt werden und das gesamte Team die Verantwortung für
den Schutz von Patient:innen und Kolleg:innen teilt.
Ein weiterer Aspekt ist die Teamdynamik. Praxispersonal, das
über Infektionsrisiken informiert ist und sich in den Abläufen
sicher fühlt, zeigt ein höheres Maß an Motivation, Sorgfalt und
Aufmerksamkeit. Gleichzeitig müssen Patient:innen darauf ver-
trauen können, dass ihr Infektionsstatus vertraulich behandelt
wird und keine Diskriminierung erfolgt. Eine positive psychoso-
ziale Praxisumgebung ist daher nicht nur ethisch geboten, son-
dern trägt direkt zur Sicherheit und Effizienz der zahnärztlichen
Behandlung bei.




