

A U S D E R P R A X I S
Z A H N A E R Z T E K A M M E R . A T
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ÖZZ Ausgabe 1/2025
Obwohl der Störfeldbegriff seit 100 Jahren existiert, ist dieses
medizinische Phänomen weiterhin umstritten. Dieser Umstand
hat zahlreiche Ursachen. Ursprünglich wurden die ersten Stör-
feldsyndrome zu einemZeitpunkt entdeckt und beschrieben, als
die Herdlehre von Pässler und Hunter noch allgegenwärtigwar. In
der präantibiotischen Ära waren Sepsis, Wundbrand und andere
Infektionskrankheiten gefürchtet und nicht selten wurden Pa-
tient:innen amputiert, um ihr Leben zu retten. Zahlreiche Experi-
mentewurden durchgeführt, umdieser Problematik zu begegnen.
Im Zuge dessen wurden – quasi als Nebeneffekt – unerklärbare
Phänomene entdeckt, wie zumBeispiel dieAbheilung einer Schul-
tererkrankung nach Infiltration einer Unterschenkelnarbe.
Wandel der Neuraltherapie
In den folgenden Jahrzehnten wurden zahlreiche „Wunderhei-
lungen“ durch Neuraltherapie publiziert. Man versuchte, den
zugrunde liegenden Mechanismus zu analysieren, scheiterte
aber letztendlich an der damals unzureichenden Technik. Die
wissenschaftliche Analyse (Pischinger, Kellner, Heine, Stache
et al.) stagnierte etwa zu der Zeit, als das Elektronenmikroskop
entwickelt wurde, und machte einem heftigen Streit zwischen
den Beteiligten Platz. So wurde die Neuraltherapie, die in den
1980ern in Österreich noch als Schulmedizin galt und ins Kran-
kenkassensystem integriert war, langsam ins Abseits gedrängt
und galt fortan als Komplementärmedizin. Erst in den letzten
Jahren gelang der Österreichischen Gesellschaft für Neuralthe-
rapie und Regulationsforschung die Reintegration der Methode
in die Schulmedizin. Neuraltherapie gilt in Österreich seit 2018
als Spezialdisziplin der Medizin.
Falldokumentation beleuchtet
Störfeldphänomen
Während die therapeutische Lokalanästhesie ubiquitär angewen-
det wird und weitgehend akzeptiert wird, ist das Störfeldphäno-
menweiterhin ungeklärt und führt zu Kontroversen. Anhand einer
Falldokumentation soll in diesem Bericht beleuchtet werden,
warum dieser Zustand inakzeptabel ist:
Starker
GESICHTSSCHMERZ
nach Zahnbehandlung –
ein lokales Problem?
Am 25.07.2019 suchte eine knapp 80-jährige Patientin Dr. Kurt
Gold-Szklarski, Arzt fürAllgemeinmedizin, Referat Aus- und Fort-
bildung der Österr. Med. Gesellschaft für Neuraltherapie &Regu-
lationsforschung, auf. Konsultationsgrundwaren starke Schmer-
zen im rechten Unterkiefer-Frontbereich seit einer komplizierten
Zahnentfernung vor etwa zwei Jahren. Die Schmerzenwurden als
permanent und stark beschrieben (NRS 6–8) und veranlassten
die Patientin, zahlreiche Untersuchungen und Behandlungen zu
absolvieren, leider nicht mit dem gewünschten Erfolg.
Bisheriger Krankheitsverlauf
ImApril 2017wurde von ihremZahnarzt eineNeukonstruktion
der Unterkieferbrücke empfohlen, dazuwurden die Zähne 3/2
und 4/3 entfernt. 4/3 (Eckzahn rechts unten) widersetzte sich
der Extraktion und musste zerteilt und ausgefräst werden.
Die Prozedur der Extraktion dauerte zwei Stunden und die
Abheilung der Extraktionsstelle verlief verzögert. Dies führte
zu der Entwicklung ihres Schmerzsyndroms.
Um die Schmerzen zu bekämpfen, absolvierte die Patientin
eine Parodontose-Behandlung. DieTeilprothesewurdemehr-
mals revidiert und an der UniklinikWien wurde ein Knochen-
sporn festgestellt und abgefräst (Herbst 2017). Leider führte
jedoch keine dieser Maßnahmen zu einer Schmerzlinderung.
Anschließend suchte die Patientin einen Neurologen auf
(Diagnose „atypischer Gesichtsschmerz“), wurde internis-
tisch auf entzündliches Geschehen untersucht, erhielt eine
analgetische Infusionsserie und 20-mal Körperakupunktur.
Sie beschreibt sämtliche Maßnahmen als unwirksam.
Seit Oktober 2018wurde die Patientin von einemFacharzt für
HNO schmerztherapeutisch behandelt. Sie erhielt über einen
mehrmonatigen Zeitraum (bis zum Sommer 2019) zweimal
wöchentlich Lidocain-Infiltrationen lokal im rechten Unter-
kiefer-Frontbereich. Dies war nach ihren Angaben die erste
Therapieform, bei der die Schmerzen etwas erträglicherwur-
den. Es kam jedoch trotz der langenTherapiedauer zu keinem
befriedigenden Ergebnis, die Schmerzen verschlechterten sich
periodisch.
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